Regelstudienzeit auch für das Wintersemester 2021/22 verlängert!
Durch die Corona Pandemie war seit dem Jahr 2020 kein reguläres Studium mehr möglich. Prüfungen sind ausgefallen, Studierende ohne gute technische Ausstattung konnten nicht an der digitalen Lehre teilnehmen oder waren privat zu stark belastet, um ihr Studium wie gewohnt fortzusetzen. Damit entstehen unverschuldete Verzögerungen im Studienablauf, die in den meisten Fällen zu Problemen mit der Studienfinanzierung führen. Durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) werden diese Nachteile nicht ausgeglichen, weswegen die Länder darauf reagieren mussten. Viele haben dementsprechend bereits im Sommersemester 2021 die Regelstudienzeit der Studierenden erhöht. Das bedeutet z.B., dass mit der Regelstudienzeit auch die Förderungshöchstdauer des BAföGs steigt und so zumindest für BAföG Empfänger*innen Verzögerungen im Studium finanziell ausgeglichen werden.
Die sächsische Regierung kann die Regelstudienzeit auch für weitere Semester entsprechend verlängern. Die Verordnungsermächtigung gilt bis zum 31.05.2022. In Sachsen wurde durch § 114 a SächsHSFG die Regelstudienzeit bereits für folgende Semester erhöht:
- Sommersemester 2020
- Wintersemester 2020/21
- Sommersemester 2021
- Wintersemester 2021/22 (noch nicht in Kraft, aber bereits verkündet)
Alle Fragen rund um das Gesetz und die Auswirkungen der Regelstudienzeiterhöhung haben wir euch in unserem folgenden FAQ beantwortet. Unter „Weg zum Gesetz“ weiter unten beschreiben wir wie es zum Gesetz kam, welche Zwischenstufen es gab, welche Forderungen wir aufgestellt haben und wie diese umgesetzt wurden.
Für Feedback oder Fragen schreibt einfach an kontakt@kss-sachsen.de.
FAQ zum Gesetz
Hier möchten wir euch versuchen zu erklären was genau im Paragraphen des Gesetz zur Regelstudienzeitverlängerung aufgrund der Corona-Pandemie steht, wie das zu verstehen ist und dementsprechend welche Auswirkungen es hat. Wir haben die Erklärung in Form eines FAQs aufgearbeitet. Es ergibt Sinn, dass ihr euch zunächst die Antwort auf die erste Frage durchlest, außer ihr habt sehr spezielle Fragen und wisst ansonsten schon Bescheid. Um ganz sicher zu gehen, lohnt sich ein Blick in das Gesetz.
Das Gesetz umfasst einige Punkte unterschiedlicher Bereiche. Deswegen teilen wir die Antwort auf und gehen die verschiedenen Regelungen hier einmal durch.
Regelstudienzeiterhöhung
Der erste Satz des neuen Paragrafen lautet „Im Rahmen der Bewältigung der COVID-19-Pandemie gilt für Studenten, die im Sommersemester 2020 immatrikuliert und nicht beurlaubt sind, eine von der Regelstudienzeit abweichende, um ein Semester verlängerte individuelle Regelstudienzeit“.
Per Verordnungsermächtigung im letzten Absatz gilt diese Formulierung auch für die weiteren Semester, in denen von ihr Gebrauch gemacht wird. Die Regelstudienzeit ist für euch – entsprechend eures Studiengangs – in der Prüfungsordnung festgeschrieben. Für Bachelorstudiengänge häufig sechs Semester, Master meist vier Semester und Diplom zehn Semester. Sie soll die Zeit sein, in der die Hochschule garantiert, dass ihr den Studiengang abschließen könnt und hat daher Einfluss z.B. auf die Studienfinanzierung durch BAföG aber auch gewisse Prüfungsfristen.
Dementsprechend wäre es eigentlich nötig jede einzelne Prüfungsordnung anzupassen, um die Regelstudienzeit für alle Studierenden zu ändern, was natürlich zu einem enormen Aufwand führen würde. Deswegen bedient sich der Gesetzgeber hier, wie auch in anderen Bundesländern, dem Konzept der individuellen Regelstudienzeit. Damit ist es möglich ohne die Änderung der Prüfungsordnungen die Regelstudienzeit grundsätzlich aller Studierenden Sachsens zu erhöhen. Es wird nicht gesagt, dass der Studiengang, in dem ihr studiert per se eine höhere Regelstudienzeit hat, aber dass für euch eine höhere Regelstudienzeit gilt.
Jedoch schränkt das Gesetz den Kreis derer, die von der Regelstudienzeiterhöhung profitieren noch einmal ein. Nur, wenn ihr keinen Antrag auf ein Urlaubssemester gestellt und bewilligt bekommen habt, wird eure Regelstudienzeit erhöht. Grund dafür ist, dass das Gesetz vor allem auf eine Verlängerung des BAföG Anspruchs abzielt und durch ein Urlaubssemester der Anspruch auf BAföG zumindest im Inland in diesem Semester verloren geht. Welche Auswirkungen diese Regelstudienzeit hat, wird in den unteren Fragen, vor allem unter „Was hat das Gesetz für Auswirkungen auf das BAföG?“ noch einmal aufgegriffen.
Nichtanrechnung
Die nächsten beiden Sätze des ersten Absatzes lauten „Auf Antrag des Studenten kann eine bereits von einer Hochschule gewährte pandemiebedingte Nichtanrechnung des Sommersemsesters 2020 auf die jeweilige Regelstudienzeit aufgehoben werden. Eine pandemiebedingte Nichtanrechnung des Sommersemesters 2020 auf die Regelstudienzeit kann insoweit nicht zusätzlich geltend gemacht werden“.
Hier wird es juristisch ein bisschen schwierig. Zwar wird eine Doppelbegünstigung, wobei wir zunächst von der Inanspruchnahme sowohl der Nichtanrechnung als auch der Regelstudienzeiterhöhung ausgegangen sind vom Gesetz ausgeschlossen, allerdings gilt Satz 1 zunächst auch uneingeschränkt. Es wird argumentiert, dass der Gesetzgeber vor allem das BAföG regeln wollte und damit eine Regelstudienzeiterhöhung für alle Studierenden gewährt werden muss. Dieser augenscheinliche Widerspruch sollte mittlerweile geklärt sein. Euch sollte es möglich sein sowohl die Regelstudienzeiterhöhung, als auch die Nichtanrechnung in Anspruch zu nehmen. Das führt jedoch nicht dazu, dass sich entsprechende Fristen für ein Semester doppelt verschieben. Das heißt selbst wenn ihr beide Optionen in Anspruch nehmt, müsst ihr z.B. nur ein Semester später Langzeitstudiengebühren zahlen und nicht zwei. Das wird euch unter Umständen im Prozess der Beantragung der Nichtanrechnung auch noch einmal so zur Kenntnis gegeben. Lasst euch davon allerdings keineswegs abschrecken. Es kann keine Nachteile haben sowohl die Nichtanrechnung als auch die Regelstudienzeiterhöhung zu bekommen.
Prüfungsfristen und Studiengebühren
Im letzten Satz des ersten Absatzes steht „Die Gebührenpflicht gemäß § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 2 sowie die Fristen gemäß § 18 Absatz 2 Nummer 7 und § 35 Absatz 4 verschieben sich entsprechend“.
Mit den entsprechenden Paragrafen sind Paragrafen im selben Gesetz, also dem Sächsischen Hochschulfreiheitsgesetz gemeint. In §12 Absätze 2 und 4 sind Langzeitstudiengebühren, also Gebühren, die nach dem Überschreiten der Regelstudienzeit um mehr als 4 Semester, und Zweitstudiengebühren, die gezahlt werden müssen, wenn ein zweites nicht aufeinander aufbauendes Studium begonnen wird und die Gesamtdauer des Studiums die Regelstudienzeit des bisherigen Studiums um 6 Semester überschreitet, geregelt. Diese beiden Gebühren hängen von der Regelstudienzeit ab und die Fristen zum Zahlen werden dementsprechend mit der Regelstudienzeit auch verlängert. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Zahlung per se ausgeschlossen ist. Befindet ihr euch z.B. mehr als vier Semester zuzüglich der Anzahl an verlängerten Semestern über der Regelstudienzeit müsst ihr diese Zahlungen leider trotzdem leisten. Es sei denn eure Hochschule hat die Aussetzung selbst geregelt.
Im zweiten Teil ist von den Fristen nach §18 und §35 die Rede. Die Frist in §18 besagt, dass ihr exmatrikuliert werdet, wenn ihr mehr als 4 Semester lang keine Studienleistung mehr erbracht habt. In §35 sind sowohl die üblichen Wiederholungsfristen für Zweit- und Drittversuch beschrieben, als auch die Frist, dass Abschlussprüfungen nach dem Überschreiten der Regelstudienzeit um mehr als 4 Semester erstmalig nicht bestanden sind. Dementsprechend werden diese Fristen auch verlängert, wodurch ihr in den entsprechenden Semestern nicht mehr gezwungen seid Prüfungen zu schreiben und nicht exmatrikuliert werden könnt, solltet ihr eine Prüfung nicht antreten.
Vorhergehende Semester
Absatz 2 des Gesetzes besagt „Absatz 1 gilt für das Wintersemester 2020/21 entsprechend“.
Also ist klar, dass diese beschriebenen Regelungen sowohl für das Sommersemester 2020 als auch für das Wintersemester 2020/21 galt.
Zusätzlich wird in Absatz 3 des Gesetzes geregelt „Das Staatsministerium für Wissenschaft, Kultur und Tourismus kann durch Rechtsverordnung regeln, dass auch für dem Wintersemester 2020/21 folgende Semester, in denen ein regulärer Studienbetrieb pandemiebedingt nicht oder nicht in ausreichendem Maße möglich ist, eine von der Regelstudienzeit abweichende, entsprechend verlängerte individuelle Regelstudienzeit gilt. Vor Erlass der Rechtsverordnung ist diese dem für Wissenschaft zuständigen Ausschuss des Landtages zur Kenntnis zu geben. Satz 1 und 2 treten mit Ablauf des 31. Mai 2022 außer Kraft“. Damit bekommt das zuständige Ministerium die Möglichkeit auch für das Sommersemester allein eine erhöhte Regelstudienzeit festzulegen und die Regelungen können entsprechend verlängert werden, falls das Ministerium die Notwendigkeit durch die Auswirkungen der Pandemie sieht. Für das Sommersemester 2021 wurde somit ebenso von dieser Regelung Gebrauch gemacht und die Regelstudienzeit um ein weiteres Semester verlängert. Auch für das aktuelle Wintersemester 2021/22 ist das der Plan. Entsprechende Erläuterungen gibt es im Abschnitt „Wird die Regelstudienzeit auch für das Wintersemester 2021/22 erhöht?“
Zu Beachten sind jedoch außerdem insbesondere die jeweiligen Studiengänge, in denen ihr immatrikuliert wart bzw. seid. Genauere Informationen dazu gibt es noch einmal in den weiteren Fragen, besonders bei „Um wie viele Semester wird die Regelstudienzeit erhöht?“
BAföG
Im Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) ist in § 15 Abs. 1 festgehalten, dass die Förderungsdauer der Regelstudienzeit entspricht. Das heißt, wenn sich die Regelstudienzeit erhöht, erhöht sich auch die Förderungsdauer des BAföG. Angenommen euch war es im Sommersemester nicht möglich einzelne Prüfungen abzulegen, weil sie durch die Pandemie nicht angeboten wurden oder ihr daran nicht teilnehmen konntet bzw. wolltet. Dann hat sich vermutlich auch euer Studienablauf verzögert und ihr braucht länger für euren Abschluss, da ihr Prüfungen in einem folgenden Semester ablegen müsst. Wenn nun aber die Regelstudienzeit erhöht wird, im besten Fall genau um die Zeit der Verzögerung, erhöht sich auch die Förderungsdauer und ihr bekommt weiterhin BAföG.
Das gilt jedoch derzeit noch nicht uneingeschränkt. In der obigen Frage haben wir bereits Beurlaubungen als besonderen Fall herausgestellt. Jedoch kommt noch ein weiterer hinzu. Das Landesamt für Ausbildungsförderung wies die BAföG-Ämter nämlich an die Regelstudienzeiterhöhung und damit den verlängerten BAföG Anspruch nur den Studierenden zu gewähren, die im Wintersemester 2019/2020 noch in Regelstudienzeit studiert haben.
Allein aus dem Gesetz ergibt sich zunächst erstmal keine Auswirkung auf den Leistungsnachweis nach § 48 Abs. 1 BAföG. Denn dieser hängt nicht von der Regelstudienzeit ab, sondern ist nach einem festen Fachsemester (drittes, viertes oder fünftes) zu erbringen. Allerdings konnten wir die Landesregierung davon überzeugen, dass auch hier Handlungsbedarf besteht. Dementsprechend enthält die bereits erwähnte Auslegung des Landesamt für Ausbildungsförderung die Anweisung, dass auch die Leistungsnachweise um die entsprechende Anzahl der Semester auszusetzen sind und somit nach hinten verschoben werden. Das gilt auch für Leistungsnachweise in höheren Fachsemestern, als dem 4. Semester. D. h. ihr habt länger Zeit den Nachweis zu erbringen und es hat hoffentlich nicht so viele negative Auswirkungen, wenn ihr bis dahin bestimmte Leistungen noch nicht erbringen konntet.
Ob es diese Möglichkeit gibt, ist noch nicht klar. Da das Gesetz erst im Februar in Kraft tritt, kann es sein, dass einzelne von euch noch nicht provisorisch einen BAföG-Antrag im Oktober gestellt haben. Dementsprechend konnten einige von euch wahrscheinlich nicht wissen, dass ein BAföG Antrag Erfolg haben könnte. Normalerweise können BAföG Anträge nicht rückwirkend gestellt werden. Das bedeutet, wenn sie nicht spätestens im Monat des Semesterbeginns gestellt werden, kann das Geld für diese Monate nicht gezahlt werden und ihr würdet es nicht mehr bekommen. Letztes Jahr wurde die Möglichkeit der rückwirkenden Antragstellung eingeräumt. Wir kämpfen derzeit darum, dass dies auch jetzt wieder rückwirkend ab Oktober gilt. Also denkt daran und stellt unbedingt noch einen Antrag, falls ihr betroffen seid.
Zeit
Wichtig ist, dass sich die Regelstudienzeit direkt auf den Studiengang bezieht. Somit erhöht sich die Regelstudienzeit und damit auch die Förderungsdauer des BAföG für euch gleich um mehrere Semester, wenn ihr in mehreren Semestern im gleichen Studiengang immatrikuliert und nicht beurlaubt wart. Wenn ihr aber in zwei Semestern in verschiedenen Studiengängen immatrikuliert wart, z.B. durch Wechsel von Bachelor zu Master oder Wechsel des Studienfachs, dann bekommt ihr nicht insgesamt, sondern für jeden Studiengang die jeweiligen Semester mehr Regelstudienzeit.
Ja, wie für das Sommersemester 2021 konnten für euch erkämpfen, dass auch für das Wintersemester 2021/22 die Regelstudienzeit noch einmal erhöht wird. Dieser Prozess ist allerdings leider noch nicht abgeschlossen und die Verordnung, die es dafür braucht noch nicht in Kraft. Voraussichtlich wird dies im Februar 2022 rückwirkend für das gesamte Wintersemester geschehen. Deswegen ist nichtsdestotrotz wichtig, dass ihr so früh wie möglich einen BAföG Antrag stellt. Nur dann ist sicher gestellt, dass ihr auch die komplett mögliche Förderdauer gefördert werdet, wenn die Regelstudienzeiterhöhung in Kraft getreten ist.
Bis zum 31. Mai 2022 ist die Verordnungsermächtigung weiterhin in Kraft und könnte damit theoretisch noch bis zum Sommersemester 2022 Anwendung finden. Wir werden jeweils fleißig Stellung dazu beziehen.
Regelstudienzeiterhöhung und Nichtanrechnung
Ja, euch sollte es möglich sein sowohl die Regelstudienzeiterhöhung, als auch die Nichtanrechnung in Anspruch zu nehmen. Zwar sagt das Gesetz in Bezug darauf „Eine pandemiebedingte Nichtanrechnung des Sommersemesters 2020 auf die Regelstudienzeit kann insoweit nicht zusätzlich geltend gemacht werden“. Allerdings gilt Satz 1 Im Rahmen der Bewältigung der COVID-19-Pandemie gilt für Studenten, die im Sommersemester 2020 immatrikuliert und nicht beurlaubt sind, eine von der Regelstudienzeit abweichende, um ein Semester verlängerte individuelle Regelstudienzeit.“ zunächst uneingeschränkt. Es wird argumentiert, dass der Gesetzgeber in aller erster Linie eine längere BAföG Förderung möglich machen wollte und deswegen die längere Regelstudienzeit allen zu gewähren ist.
Das führt jedoch nicht dazu, dass sich entsprechende Fristen für ein Semester doppelt verschieben. Das heißt selbst wenn ihr beide Optionen in Anspruch nehmt, müsst ihr z.B. nur ein Semester später Langzeitstudiengebühren zahlen und nicht zwei. Das wird euch unter Umständen im Prozess der Beantragung der Nichtanrechnung auch noch einmal so zur Kenntnis gegeben. Lasst euch davon allerdings keineswegs abschrecken. Es kann keine Nachteile haben sowohl die Nichtanrechnung als auch die Regelstudienzeiterhöhung zu bekommen.
Ja, eine beantragte und bewilligte Nichtanrechnung bleibt zunächst erhalten. Sie kann aber auf Antrag von euch wieder aufgehoben werden. Dies ist allerdings nicht nötig, um die Regelstudienzeiterhöhung geltend zu machen. Das heißt aus unserer Sicht gibt es kein Grund für euch das zu tun und ihr solltet davon absehen. Darüber solltet ihr aber noch einmal gesonderte Informationen von eurer Hochschule erhalten haben bzw. könnt ihr dort nachfragen.
Bei einer Nichtanrechnung zählt das entsprechende Semester nicht auf die Anzahl der Fachsemester. Es wird sozusagen „abgezogen“. Praktisch bedeutet das, dass ihr z. B. beim Übergang vom vierten ins fünfte Fachsemester im vierten stehen bleibt und ein Semester eben nicht auf die Regelstudienzeit angerechnet wird. Die Regelstudienzeiterhöhung wiederum erhöht wie es der Name schon sagt die Regelstudienzeit und z.B. ein sechssemestriger Bachelor wird dann sieben- oder achtsemestrig. Welche Option sinnvoller ist kommt auf eure individuelle Situation an. Wenn ihr BAföG berechtigt seid und durch die Pandemie oder andere Umstände hinter dem Studienablauf zurückgefallen seid, dann ist vermutlich die Regelstudienzeiterhöhung sinnvoller. Denn nur sie sichert den längeren BAföG Anspruch. Das tut die Nichtanrechnung nicht. Durch die Nichtanrechnung wird jedoch deutlicher, dass in den Semestern kein reguläres Studium möglich war. Z.B. auf deinem Abschlusszeugnis steht mit einer Nichtanrechnung, dass du den Abschluss in weniger Semester gemacht hast, was bei der Regelstudienzeit nicht der Fall ist. Dementsprechend kann es für euch besser sein diese Variante zu wählen, wenn ihr keinen Anspruch auf BAföG habt.
Nichtanrechnung
Nein, falls an eurer Hochschule keine pauschale und vereinfachte Möglichkeit auf Nichtanrechnung beschlossen wurde, gibt das Gesetz diese Möglichkeit auch nicht. Allerdings sieht das Sächsische Hochschulfreiheitsgesetz in § 20 Abs. 5 unabhängig von einer Pandemiesituation die Nichtanrechnung eines Semesters vor. „Eine Fristüberschreitung, die der Student nicht zu vertreten hat, ist bei der Berechnung der Zeiten für Beurlaubungen und der Fristen im Prüfungsverfahren nicht einzubeziehen. Die Studienzeit, die durch eine Fristüberschreitung nach Satz 1 entsteht, wird nicht auf die Regelstudienzeit angerechnet“. Aus unserer Sicht besteht durch die Pandemie auch ohne Beschluss eurer Hochschule ein Grund für Fristüberschreitung, die ihr nicht zu vertreten habt. Dementsprechend solltet ihr auch ohne, dass die Hochschulen spezielle Regelungen erlassen haben prinzipiell die Möglichkeit haben das Semester nicht anrechnen zu lassen. Allerdings gibt es an vielen Hochschulen durch weitergehende Ordnungen noch Voraussetzungen, die für eine Nichtanrechnung erfüllt sein müssen. Somit müsst ihr in diesem Fall einfach bei eurer Hochschule oder eurem Studierendenrat mal nachfragen.
Je nachdem was z. B. die Senate der Hochschulen beschlossen haben, sollte die Nichtanrechnung in den meisten Fällen auch durch die Gesetzesänderung unverändert möglich bleiben.
Sonstiges
Nein, leider nicht. Im Gesetzgebungsprozess haben wir uns für solche einheitlichen umfassenden Regelungen stark gemacht und sind leider vorerst am Widerstand anderer Akteur*innen gescheitert. Mehr dazu könnt ihr unter „Weg zum Gesetz“ weiter unten lesen. Damit bleibt es an euch und euren Studierendenräten Druck auf die Hochschulleitungen zu machen Regelungen wie z.B. Freiversuche zu erlassen.
Das Gesetz trat am 29.12.2020 in Kraft und ist damit ab diesem Tag rückwirkend zum 01.04.2020 gültig.
Weg zum Gesetz
An dieser Stelle möchten wir darstellen welche Schritte zur gesetzlichen Regelungen geführt haben. Dabei gehen wir zu erst auf die Zeitschiene des parlamentarischen Verfahren und dann auf die inhaltlichen Aspekte ein, welche Positionen wir als KSS vertreten haben und wie diese von der Politik einbezogen wurden.
Zeitschiene
Mit Beginn der Coronapandemie haben wir uns im Bündnis Solidarsemester für entsprechende Ausgleichsregelungen aufgrund der Pandemie eingesetzt. Ende September 2020 haben wir als KSS das erste Mal von einer Gesetzesinitiative der drei Regierungsfraktionen CDU, SPD und Grüne im sächsischen Landtag zur Regelstudienzeiterhöhung erfahren. Wenig später erhielten wir den ersten Gesetzentwurf, zu dem wir am 04.11.2020 Stellung genommen haben. Neben uns haben auch andere Akteur*innen wie z.B. die Landesrektor*innenkonferenz oder auch die GEW Stellung genommen. Diese Stellungnahmen wurden dann einbezogen und ein geänderter Entwurf in den Wissenschaftsausschuss eingebracht. Der Wissenschaftsausschuss beschloss die Gesetzesänderung in seiner Sitzung am 23.11.2020 und am 16.12.2020 wurde der Beschluss letztendlich auch im Landtag gefasst.
Inhaltliche Positionen
Beim Gesetzesvorhaben handelt es sich um eine kleine Änderung des Sächsischen Hochschulfreiheitsgesetzes, die einen zusätzlichen Paragraph 114a am Ende des Gesetzes einfügen soll. Inhalt des ersten Entwurf des Paragraphen war im Wesentlichen, dass zunächst erst einmal alle Studierenden, die im Sommersemester 2020 immatrikuliert und nicht beurlaubt waren, eine individuelle Regelstudienzeit von einem Semester mehr bekommen. Eine Nichtanrechnung des Semesters konnte nicht zusätzlich geltend gemacht werden. Außerdem sollten die Fristen für Langzeit- und Zweistudiengebühren, sowie Fristen zur Wiederholung von Prüfungen um ein Semester verlängert werden. In einem zweiten Absatz bekommt das Staatsministerium für Wissenschaft, Kultur und Tourismus alleinig die Möglichkeit die Regelung des ersten Absatz auch für zukünftige Semester zu verlängern.
Auch, wenn wir die Intention, insbesondere BAföG Empfänger*innen eine längere finanzielle Förderung möglich zu machen, für sehr gut erachten gab es aus unserer Sicht noch einige Probleme. Diese und auch Lösungsvorschläge könnt ihr sehr detailliert in unserer ausführlichen Stellungnahme nachlesen. Hier möchten wir sie nur kurz zusammenfassen:
BAföG
Da das Gesetz erst im Dezember 2020 beschlossen wurde, ergab sich das Problem, dass Studierende zur Zeit noch nicht davon wussten und es natürlich auch noch nicht in BAföG-Verfahren angewendet werden konnte. Studierende, die aktuell z.B. die Regelstudienzeit überschreiten, stellten daher entweder gar keinen Antrag, weil sie zur Zeit formal nicht mehr BAföG-berechtigt waren oder ihr Antrag wurde abgelehnt, weil die BAföG Ämter noch nicht nach dem Gesetz handeln durften. In ersterem Fall ist besonders problematisch, dass ein BAföG-Antrag nicht rückwirkend gestellt werden kann.
Wir als KSS haben mit Hilfe der StuRä versucht darüber aufzuklären, doch für uns ist es nur sehr schwierig alle Betroffenen rechtzeitig zu erreichen.
Nichtanrechnung und Regelstudienzeiterhöhung
Nach unserem Verständnis erhielten mit der Änderung zunächst alle nicht-beurlaubten Studierenden pauschal eine Regelstudienzeiterhöhung. Da aber nicht gleichzeitig eine Nichtanrechnung geltend gemacht werden können sollte, hätten alle Nichtanrechnungen an den sächsischen Hochschulen wieder rückgängig gemacht werden müssen. Abgesehen vom immensen zusätzlichen Verwaltungsaufwand sahen wir Rechtsunsicherheiten in der Rückabwicklung.
Studierende haben über ein Semester in gutem Glauben angenommen sich das Semester nicht anrechnen lassen zu können. Zumindest an der TU Dresden oder Uni Leipzig haben Studierende den Antrag auch schon bewilligt bekommen. Für uns war es schwer vorstellbar, dass es rechtlich zulässig ist diesen Studierenden die Nichtanrechnung wieder streitig zu machen. Es zeigte sich aus unserer Sicht, dass das Land die weitreichenden Konsequenzen der pauschalen Regelung nachdem die Hochschulen nun eigene Regelungen treffen mussten nicht bedacht hat. Außerdem gibt es Studierende, die eine Nichtanrechnung der Regelstudienzeitverlängerung vorziehen. Das betrifft ganz pauschal z. B. vermutlich nahezu alle Studierenden, die sowieso kein BAföG erhalten und damit eine sehr große Gruppe. Sie können mit einer Nichtanrechnung letztendlich deutlicher machen, dass ein Studium in diesem Semester nicht unter normalen Bedingungen stattfinden konnte und bevorzugen so diese Variante für ihre Zukunft.
Wir haben vorschlagen den Studierenden die Wahlmöglichkeit zwischen Nichtanrechnung und Regelstudienzeit zu geben, um so eine faire und rechtssichere Regelung zu finden.
Wintersemester
Für uns war klar, dass sich die Notwendigkeit für einen solchen Ausgleich im Wintersemester bereits damals abgezeichnet hat.
Lehrveranstaltungen waren immer noch zu einem Großteil online, d.h. Studierende ohne stabiles Internet, ohne guten Arbeitsplatz oder mit hohem psychischen Druck durch isoliertes Lernen konnten nicht wie bisher „normal“ studieren.
Die Studierenden brauchten rechtzeitig Planungs- und Finanzierungssicherheit. Mit den Erfahrungen der sehr späten Reaktion des Ministeriums befürchteten wir, dass eine solche Rechtsverordnung erneut erst zum Ende des Semesters Klarheit schaffen würde. Es hätte erneut Schwierigkeiten gegeben Studierende zu informieren, dass sie vielleicht doch einen Anspruch auf BAföG haben und dringend einen Antrag stellen sollen oder Hochschulen müssten erneut eigene Regelungen beschließen, wie z.B. an der TU Dresden oder der TU Chemnitz schon geschehen, die dann erneut zu Komplikationen oder Mehraufwand führen könnten.
Einheitliche umfassende Ausgleichsregelungen
Wie wir bereits seit Anfang April gefordert haben, brauchte es landeseinheitliche Regelungen bei Ausgleichen zur Abfederung von coronabedingten Nachteilen im Studium. Das Sommersemester hatte gezeigt, dass wenn die Hochschulen einzeln Regelungen treffen ein Flickenteppich entsteht. Der Start ins Wintersemester deutete an, dass die Unterschiede in den Regelungen noch größer werden würden. Das führte aus unserer Sicht zu einer nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung der Studierenden in Sachsen und wäre letztendlich schlicht unfair.
Besonders verheerend ist die Lage, wenn einzelne Studiengänge gar keine Regelungen zum Ausgleich von Nachteilen erlassen. Das ist z.B. der Fall an der HTWK in Leipzig und der TU Bergakademie Freiberg. Dort wurden tatsächlich nicht einmal Prüfungsfristen ausgesetzt und so Studierende unverschuldet während des Sommersemesters und der Pandemie exmatrikuliert.
Das war für uns untragbar und sollte deswegen aus unserer Sicht das entscheidende Argument dafür sein, nicht die Hochschulen diese Sachen regeln zu lassen, sondern im Zuge dieser geplanten Gesetzesänderung eine landeseinheitliche Regelung mit pauschaler Nichtanrechnung, Fristaussetzung und umfassenden Freiversuchen herbeizuführen.
Änderungen
Mit zwei unserer drei vorgeschlagenen Forderungen konnten wir uns durchsetzen, sodass diese nun auf unsere Initiative Teil des Gesetzes sind. Das letztendlich beschlossene Gesetz führt einerseits praktisch zu einer Wahloption für die Studierenden zwischen Nichtanrechnung und Regelstudienzeiterhöhung und regelt andererseits auch verpflichtend das Wintersemester und folgende Semester. Trotz dessen, dass wir die weitreichendste und für viele wichtigste Forderung nach landeseinheitlichen Regelungen seit April 2020, z. B. in Pressemitteilungen, aber auch bei der Anhörung im Wissenschaftsausschuss immer wieder wiederholt haben, wurde dieser nicht nachgekommen. Hier versuchen wir weiter Druck zu machen, obwohl mit dem Gesetz eine große Chance vertan wurde hier zu handeln und es damit nicht wahrscheinlicher geworden ist, dass eine solche Regelung noch getroffen wird.
Was nun genau im Gesetz geregelt ist und welche Auswirkungen das hat, kann auf der anderen Unterseite zum Inhalt des Gesetzes nachgelesen werden.