Erhöhung der Regelstudienzeit

Regelstudienzeit auch für das Wintersemester 2021/22 verlängert!

Durch die Corona Pandemie war seit dem Jahr 2020 kein reguläres Studium mehr möglich. Prüfungen sind ausgefallen, Studierende ohne gute technische Ausstattung konnten nicht an der digitalen Lehre teilnehmen oder waren privat zu stark belastet, um ihr Studium wie gewohnt fortzusetzen. Damit entstehen unverschuldete Verzögerungen im Studienablauf, die in den meisten Fällen zu Problemen mit der Studienfinanzierung führen. Durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) werden diese Nachteile nicht ausgeglichen, weswegen die Länder darauf reagieren mussten. Viele haben dementsprechend bereits im Sommersemester 2021 die Regelstudienzeit der Studierenden erhöht. Das bedeutet z.B., dass mit der Regelstudienzeit auch die Förderungshöchstdauer des BAföGs steigt und so zumindest für BAföG Empfänger*innen Verzögerungen im Studium finanziell ausgeglichen werden.
Die sächsische Regierung kann die Regelstudienzeit auch für weitere Semester entsprechend verlängern. Die Verordnungsermächtigung gilt bis zum 31.05.2022. In Sachsen wurde durch § 114 a SächsHSFG die Regelstudienzeit bereits für folgende Semester erhöht:

  • Sommersemester 2020
  • Wintersemester 2020/21
  • Sommersemester 2021
  • Wintersemester 2021/22 (noch nicht in Kraft, aber bereits verkündet)

Alle Fragen rund um das Gesetz und die Auswirkungen der Regelstudienzeiterhöhung haben wir euch in unserem folgenden FAQ beantwortet. Unter „Weg zum Gesetz“ weiter unten beschreiben wir wie es zum Gesetz kam, welche Zwischenstufen es gab, welche Forderungen wir aufgestellt haben und wie diese umgesetzt wurden.

Für Feedback oder Fragen schreibt einfach an kontakt@kss-sachsen.de.

FAQ zum Gesetz

Hier möchten wir euch versuchen zu erklären was genau im Paragraphen des Gesetz zur Regelstudienzeitverlängerung aufgrund der Corona-Pandemie steht, wie das zu verstehen ist und dementsprechend welche Auswirkungen es hat. Wir haben die Erklärung in Form eines FAQs aufgearbeitet. Es ergibt Sinn, dass ihr euch zunächst die Antwort auf die erste Frage durchlest, außer ihr habt sehr spezielle Fragen und wisst ansonsten schon Bescheid. Um ganz sicher zu gehen, lohnt sich ein Blick in das Gesetz.

Was steht eigentlich genau im Gesetz?

BAföG

Was hat das Gesetz für Auswirkungen auf das BAföG?
Hat das Gesetz auch Auswirkungen auf den BAföG Leistungsnachweis?
Kann das BAföG im aktuellen Wintersemester auch rückwirkend beantragt werden, z.B. weil nicht früh genug klar war, dass das Gesetz geändert wird?

Zeit

Um wie viele Semester wird die Regelstudienzeit erhöht?
Wird die Regelstudienzeit auch für das Wintersemester 2021/22 erhöht?
Wird es auch für folgende Semester möglich sein die Regelstudienzeit zu verlängern?

Regelstudienzeiterhöhung und Nichtanrechnung

Kann Regelstudienzeiterhöhung und Nichtanrechnung gemeinsam geltend gemacht werden?
Bleibt die Nichtanrechnung trotz der Regelstudienzeiterhöhung erhalten und kann anstatt einer Nichtanrechnung auch noch eine Regelstudienzeiterhöhung geltend gemacht werden?
Was ist der Unterschied zwischen Nichtanrechnung und Regelstudienzeiterhöhung? Welche Option ist die bessere?

Nichtanrechnung

Gibt es durch das Gesetz an jeder Hochschule die einfache Möglichkeit der Nichtanrechnung?
Bleiben Anträge auf Nichtanrechnung weiterhin möglich?

Sonstiges

Gibt es landeseinheitliche Regelungen z.B. zu Freiversuchen?
Ab wann gelten diese Regelungen?

Weg zum Gesetz

An dieser Stelle möchten wir darstellen welche Schritte zur gesetzlichen Regelungen geführt haben. Dabei gehen wir zu erst auf die Zeitschiene des parlamentarischen Verfahren und dann auf die inhaltlichen Aspekte ein, welche Positionen wir als KSS vertreten haben und wie diese von der Politik einbezogen wurden.

Zeitschiene

Mit Beginn der Coronapandemie haben wir uns im Bündnis Solidarsemester für entsprechende Ausgleichsregelungen aufgrund der Pandemie eingesetzt. Ende September 2020 haben wir als KSS das erste Mal von einer Gesetzesinitiative der drei Regierungsfraktionen CDU, SPD und Grüne im sächsischen Landtag zur Regelstudienzeiterhöhung erfahren. Wenig später erhielten wir den ersten Gesetzentwurf, zu dem wir am 04.11.2020 Stellung genommen haben. Neben uns haben auch andere Akteur*innen wie z.B. die Landesrektor*innenkonferenz oder auch die GEW Stellung genommen. Diese Stellungnahmen wurden dann einbezogen und ein geänderter Entwurf  in den Wissenschaftsausschuss eingebracht. Der Wissenschaftsausschuss beschloss die Gesetzesänderung in seiner Sitzung am 23.11.2020 und am 16.12.2020 wurde der Beschluss letztendlich auch im Landtag gefasst.

Inhaltliche Positionen

Beim Gesetzesvorhaben handelt es sich um eine kleine Änderung des Sächsischen Hochschulfreiheitsgesetzes, die einen zusätzlichen Paragraph 114a am Ende des Gesetzes einfügen soll. Inhalt des ersten Entwurf des Paragraphen war im Wesentlichen, dass zunächst erst einmal alle Studierenden, die im Sommersemester 2020 immatrikuliert und nicht beurlaubt waren, eine individuelle Regelstudienzeit von einem Semester mehr bekommen. Eine Nichtanrechnung des Semesters konnte nicht zusätzlich geltend gemacht werden. Außerdem sollten die Fristen für Langzeit- und Zweistudiengebühren, sowie Fristen zur Wiederholung von Prüfungen um ein Semester verlängert werden. In einem zweiten Absatz bekommt das Staatsministerium für Wissenschaft, Kultur und Tourismus alleinig die Möglichkeit die Regelung des ersten Absatz auch für zukünftige Semester zu verlängern.

Auch, wenn wir die Intention, insbesondere BAföG Empfänger*innen eine längere finanzielle Förderung möglich zu machen, für sehr gut erachten gab es aus unserer Sicht noch einige Probleme. Diese und auch Lösungsvorschläge könnt ihr sehr detailliert in unserer ausführlichen Stellungnahme nachlesen. Hier möchten wir sie nur kurz zusammenfassen:

BAföG

Da das Gesetz erst im Dezember 2020 beschlossen wurde, ergab sich das Problem, dass Studierende zur Zeit noch nicht davon wussten und es natürlich auch noch nicht in BAföG-Verfahren angewendet werden konnte. Studierende, die aktuell z.B. die Regelstudienzeit überschreiten, stellten daher entweder gar keinen Antrag, weil sie zur Zeit formal nicht mehr BAföG-berechtigt waren oder ihr Antrag wurde abgelehnt, weil die BAföG Ämter noch nicht nach dem Gesetz handeln durften. In ersterem Fall ist besonders problematisch, dass ein BAföG-Antrag nicht rückwirkend gestellt werden kann.

Wir als KSS haben mit Hilfe der StuRä versucht darüber aufzuklären, doch für uns ist es nur sehr schwierig alle Betroffenen rechtzeitig zu erreichen.

Nichtanrechnung und Regelstudienzeiterhöhung

Nach unserem Verständnis erhielten mit der Änderung zunächst alle nicht-beurlaubten Studierenden pauschal eine Regelstudienzeiterhöhung. Da aber nicht gleichzeitig eine Nichtanrechnung geltend gemacht werden können sollte, hätten alle Nichtanrechnungen an den sächsischen Hochschulen wieder rückgängig gemacht werden müssen. Abgesehen vom immensen zusätzlichen Verwaltungsaufwand sahen wir Rechtsunsicherheiten in der Rückabwicklung.

Studierende haben über ein Semester in gutem Glauben angenommen sich das Semester nicht anrechnen lassen zu können. Zumindest an der TU Dresden oder Uni Leipzig haben Studierende den Antrag auch schon bewilligt bekommen. Für uns war es schwer vorstellbar, dass es rechtlich zulässig ist diesen Studierenden die Nichtanrechnung wieder streitig zu machen. Es zeigte sich aus unserer Sicht, dass das Land die weitreichenden Konsequenzen der pauschalen Regelung nachdem die Hochschulen nun eigene Regelungen treffen mussten nicht bedacht hat. Außerdem gibt es Studierende, die eine Nichtanrechnung der Regelstudienzeitverlängerung vorziehen. Das betrifft ganz pauschal z. B. vermutlich nahezu alle Studierenden, die sowieso kein BAföG erhalten und damit eine sehr große Gruppe. Sie können mit einer Nichtanrechnung letztendlich deutlicher machen, dass ein Studium in diesem Semester nicht unter normalen Bedingungen stattfinden konnte und bevorzugen so diese Variante für ihre Zukunft.

Wir haben vorschlagen den Studierenden die Wahlmöglichkeit zwischen Nichtanrechnung und Regelstudienzeit zu geben, um so eine faire und rechtssichere Regelung zu finden.

Wintersemester

Für uns war klar, dass sich die Notwendigkeit für einen solchen Ausgleich im Wintersemester bereits damals abgezeichnet hat.

Lehrveranstaltungen waren immer noch zu einem Großteil online, d.h. Studierende ohne stabiles Internet, ohne guten Arbeitsplatz oder mit hohem psychischen Druck durch isoliertes Lernen konnten nicht wie bisher „normal“ studieren.

Die Studierenden brauchten rechtzeitig Planungs- und Finanzierungssicherheit. Mit den Erfahrungen der sehr späten Reaktion des Ministeriums befürchteten wir, dass eine solche Rechtsverordnung erneut erst zum Ende des Semesters Klarheit schaffen würde. Es hätte erneut Schwierigkeiten gegeben Studierende zu informieren, dass sie vielleicht doch einen Anspruch auf BAföG haben und dringend einen Antrag stellen sollen oder Hochschulen müssten erneut eigene Regelungen beschließen, wie z.B. an der TU Dresden oder der TU Chemnitz schon geschehen, die dann erneut zu Komplikationen oder Mehraufwand führen könnten.

Einheitliche umfassende Ausgleichsregelungen

Wie wir bereits seit Anfang April gefordert haben, brauchte es landeseinheitliche Regelungen bei  Ausgleichen zur Abfederung von coronabedingten Nachteilen im Studium. Das Sommersemester hatte gezeigt, dass wenn die Hochschulen einzeln Regelungen treffen ein Flickenteppich entsteht. Der Start ins Wintersemester deutete an, dass die Unterschiede in den Regelungen noch größer werden würden. Das führte aus unserer Sicht zu einer nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung der Studierenden in Sachsen und wäre letztendlich schlicht unfair.

Besonders verheerend ist die Lage, wenn einzelne Studiengänge gar keine Regelungen zum Ausgleich von Nachteilen erlassen. Das ist z.B. der Fall an der HTWK in Leipzig und der TU Bergakademie Freiberg. Dort wurden tatsächlich nicht einmal Prüfungsfristen ausgesetzt und so Studierende unverschuldet während des Sommersemesters und der Pandemie exmatrikuliert.

Das war für uns untragbar und sollte deswegen aus unserer Sicht das entscheidende Argument dafür sein, nicht die Hochschulen diese Sachen regeln zu lassen, sondern im Zuge dieser geplanten Gesetzesänderung eine landeseinheitliche Regelung mit pauschaler Nichtanrechnung, Fristaussetzung und umfassenden Freiversuchen herbeizuführen.

Änderungen

Mit zwei unserer drei vorgeschlagenen Forderungen konnten wir uns durchsetzen, sodass diese nun auf unsere Initiative Teil des Gesetzes sind. Das letztendlich beschlossene Gesetz führt einerseits praktisch zu einer Wahloption für die Studierenden zwischen Nichtanrechnung und Regelstudienzeiterhöhung und regelt andererseits auch verpflichtend das Wintersemester und folgende Semester. Trotz dessen, dass wir die weitreichendste und für viele wichtigste Forderung nach landeseinheitlichen Regelungen seit April 2020, z. B. in Pressemitteilungen, aber auch bei der Anhörung im Wissenschaftsausschuss immer wieder wiederholt haben, wurde dieser nicht nachgekommen. Hier versuchen wir weiter Druck zu machen, obwohl mit dem Gesetz eine große Chance vertan wurde hier zu handeln und es damit nicht wahrscheinlicher geworden ist, dass eine solche Regelung noch getroffen wird.
Was nun genau im Gesetz geregelt ist und welche Auswirkungen das hat, kann auf der anderen Unterseite zum Inhalt des Gesetzes nachgelesen werden.