Digitale Lehre und Hochschule

Die Landesstudierendenvertretung hat einen Beschluss zur digitalen Hochschule gefasst und dabei auch Anforderungen an die Digitalisierung der Lehre gestellt. Dieser wurde mit einem weiteren Beschluss auf sämtliche Bereiche der Hochschulen mit einem weiteren Beschluss ausgeweitet. Die Beschlüsse sind hier einsehbar.

Digitalen Lehre

Beschluss digitale Lehre (22.01.2022)

Während der Pandemie musste die Lehre schlagartig und immer wieder auf digitale Formate umgestellt werden. Das gab der Digitalisierung an den Hochschulen einen gewaltigen Schub, jedoch nicht strategisch, weil die Formate digital didaktisch sinnvoller waren, sondern rein aufgrund der Notwendigkeit bezüglich des Coronavirus. Nichtsdestotrotz ist klar geworden, dass diese digitalen Prozesse auch sehr gewinnbringend für die Hochschulen sein können. Dementsprechend sollte sich auch jetzt bereits Gedanken darüber gemacht werden, wie es nach der Krise weitergeht und wie die Fortschritte aus der Pandemie weiter genutzt werden können. Dafür braucht es jedoch strategische Prozesse und bestimmte Rahmenbedingungen, die definieren unter Voraussetzungen Digitalisierung von Prozessen sinnvoll und bedarfsgerecht sind. Insbesondere, um einige dieser Rahmenbedingungen bereits jetzt schon aus studentischer Sicht zusammen zu fassen, hat der Landessprecher*innenrat folgenden Beschluss gefasst:

Der LSR möge beschließen, Lehrende und Hochschulen aufzufordern, auch über die Coronapandemie hinaus digitale Lehr- und Prüfungsformate in angemessenem Rahmen einzusetzen und die digitale Umsetzung des Lehr-, Prüfungs und Verwaltungsbetriebs zu fördern.

Spätestens wenn Lehre und Prüfungen nicht mehr durch die Coronapandemie beschränkt werden, müssen die Hochschulen für die Entwicklung zukunftsfähiger Lehrformate in einen strategischen Prozess unter Beteiligung aller Statusgruppen gehen. In diesem sollten die bestehenden digitalen Formate während der Pandemie evaluiert werden, um damit Folgen für die weitere Gestaltung des Lehr- und Prüfungsbetriebs abzuleiten. Diese einzelnen Prozesse sind von einem landesweiten Austausch auf Initiative des SMWK mit allen Statusgruppen und relevanten Akteur*innen zu begleiten.

In den Konzepten ist bereits jetzt aus studentischer Sicht zu berücksichtigen:

Digitalisierung nicht um jeden Preis

  • Erhalt der präsenten praxisorientierten Lehre, z.B. durch Praktika, aber insbesondere auch im musisch und künstlerischen Bereich und somit die besondere Berücksichtigung von Kunst- und Musikhochschulen
  • Ausgewogenheit in der Planung digitaler, hybrider und präsenter Lehrformate
  • Verwendung digitaler Formate, allein wenn es didaktisch sinnvoll und geboten ist, sodass damit vorhandene Potentiale genutzt werden, aber nicht nur als Maßnahme zur reinen Ressourcensparung
  • möglichst große Wahlmöglichkeit der Lehr- und Lernformate durch die Studierenden, z.B. durch ergänzende digitale Angebote, hybride Lehre oder gleichzeitige digitale und präsente Angebote

Digitalisierung für alle

  • Sicherung der digitalen Teilhabe der Studierenden durch die Bereitstellung finanzieller oder technischer Ausstattung
  • Ergreifung von Maßnahmen zur Barrierefreiheit (z.B. Untertitelung etc.)
  • Diskussion und ggf. Anpassung von Regelungen und Umsetzung von Nachteilsausgleichen für digitale Lehr- und Prüfungsformate

Digitalisierung aber richtig

  • Verwendung von datensicheren Open-Source-Tools und offene Weiterentwicklung dieser seitens der Hochschulen
  • Auswahl zu nutzender Soft- und Hardware unter Beteiligung aller Statusgruppen
  • gute und zweckmäßige digitale Ausstattung des Personals, der Hochschulgebäude und entsprechender Rechenzentren
  • frei zugängliches und schnelles W-LAN in allen Bereichen der Campus
  • Einrichten attraktiver Stellen als Ansprechpartner*innen und Weiterentwicklung digitaler Lehre
  • Beachtung der Einheitlichkeit von genutzten Tools bzw. Sicherstellung von entsprechender Kompatibilität vorhandener Systemen
  • Sicherstellung und höchste Standards an Datenschutz und Schutz der Persönlichkeitsrechte in der Lehre und insbesondere bei Prüfungen
  • starke Qualitätssicherung – besonders im Bereich der digitalen Lehre

Digitalisierung bedarfsgerecht umgesetzt

  • Berücksichtigung von ausreichend – für die Wahrung von Mindeststandards teilweise verpflichtenden – digitalen Weiterbildungen der Lehrenden und Verankerung von Digitalisierung bzw. Reflektion dieser in den Curricula der Studierenden
  • zügige Bereitstellung der digitalen Lehrmaterialien für Studierende selbst, aber vor allem auch als Open Educational Resources
  • Regelmäßige Updates der zur Verfügung gestellten digitalen Materialien
  • Erarbeitung geeigneter Formate für das digitale Prüfen und didaktische Weiterentwicklung kompetenzorientiertem Prüfen mit digitalen Methoden
  • Verhinderung von zeitlichen Aufwand über das vorgegebene Maß für Studierende und Mitarbeitende durch Digitalisierung

Digitalisierung durchdacht

  • Berücksichtigung des Wechsels zwischen Online- und Offline Formaten
  • Definition von Regelungen im Falle möglicher technischer Fehler und Unzulänglichkeiten
  • Rechtlich sichere Bedingungen: Setzen von verbindlichen Standards für die Technik und den Umgang damit sowie Schaffung der Rechtssicherheit unter Beteiligung aller Statusgruppen und Abwägung aller Bedürfnisse und Risiken
  • gute und flexible Campus Management Systeme zur Verwaltung der entsprechenden Prozesse
  • Auswirkungen zunehmender digitaler Lehre auf den Studienalltag, wie z.B. Angebote der Studierendenwerke und vieles mehr

Digitalisierung ausfinanziert

  • Eine bedarfsgerechte Umsetzung (zusätzlicher) digitaler Lehr-, Prüfungs- und Verwaltungsmöglichkeiten unter diesen Voraussetzungen benötigt mehr personelle und finanzielle Ressourcen, die von den Hochschulen und dem Land zur Verfügung gestellt werden müssen.

 

Digitale Hochschule

Zum Studium gehört nicht nur Lehre, sondern auch Mitarbeit in Gremien und Forschungsprojekten. Durch die Zwangsumstellung auf Onlinemodus in der Coronapandemie ist auch hier die Digitalisierung vorangekommen und Gremiensitzungen finden immer öfter auch online oder hybrid statt – was wir grundsätzlich begrüßen. Allerdings ist wichtig, dass niemand durch mangelnde technische Ausstattung ausgeschlossen wird oder einen Verlust an Privatsphäre riskieren muss, um an diesen Teilen des Studiums teilzunehmen. Des Weiteren muss die rechtliche Sicherheit von Wahlen und Beschlüssen weiterhin gewahrt werden – auch in Sitzungen mit digitalen Teilnahmemöglichkeiten.

Daher hat die Landesstudierendenvertretung ihren Beschluss vom 22.01.2022 auf sämtliche Bereiche der Hochschulen, insbesondere die Gremienarbeit, ausgeweitet.

Beschluss digitale Lehre und Hochschule (12.11.2022)

Der LSR möge beschließen, die Punkte aus dem Beschluss zur digitalen Lehre vom 22.01.2022, die sich nicht nur auf Didaktik beziehen, auf sämtliche Aktivitäten im Hochschulkontext, insbesondere die Gremienarbeit, zu erweitern. Auch hier ermöglicht die Digitalisierung ein besseres Zusammenarbeiten, birgt aber auch Gefahren durch barrierevolle und datenschutzunfreundliche Programme. Die KSS positioniert sich auch hier für eine Ermöglichung digitaler Teilhabe und eine Digitalisierung, aber nicht um jeden Preis. Das heißt:

Digitalisierung nicht um jeden Preis

Onlinegremiensitzungen und -meetings sind praktisch, insbesondere, wenn es um die überregionale Vernetzung geht. Allerdings geht dabei auch viel verloren: Der persönliche, informellere Austausch fällt weg, Konflikte schwelen eher, als dass sie gelöst werden, kreatives Brainstorming funktioniert oft gar nicht. Auch hybride Formate sind für diese Art der Zusammenarbeit oft nicht gut geeignet und schließen online Teilnehmende in Diskussionen aus. Daher ist es wichtig, sich trotz der Bequemlichkeit und Niedrigschwelligkeit von Onlineformaten auch des Öfteren in Präsenz zusammenzufinden.

Digitalisierung für alle

Für Studierende aus aus finanziell prekären Verhältnissen sowie behinderte Studierenden ist die Teilhabe an Gremienarbeit oder Forschungsarbeit ohnehin erschwert bis unmöglich. Sie werden bei reinen Onlineformaten noch zusätzlich ausgeschlossen, wenn ihnen die passende technische und räumliche Ausstattung fehlt beziehungsweise nicht barrierefreie Tools verwendet werden. Umgekehrt ist hier auch sehr wichtig, dass hybride oder Onlineformate nicht als Ausrede genutzt werden, um den Kampf um eine echte Teilhabe nicht weiterzuführen und die Hürden einer Teilnahme in Präsenz nicht weiter abzubauen.

Digitalisierung aber richtig

Gerade in Gremien werden oft sensible Informationen ausgetauscht. Daher sollte es eine Selbstverständlichkeit sein, diese Informationen nicht in die Hände von unvertrauenswürdigen Technologiemonopolisten zu geben, sondern auf quelloffene und selbst-hostbare Tools zu setzen, bei denen die Daten bei der Institution selbst bleiben. Da aber insbesondere studentischen Gremien für eine eigene Betreuung oft die Ressourcen fehlen und solche Programme zudem allen Statusgruppen zugute kommen, sind hier die IT-Abteilungen der Hochschulen gefragt. Außerdem braucht es gerade für hybride Formate eine gute technische Ausstattung in den Hochschulgebäuden.