Momentan stehen die Haushaltsverhandlungen zum kommenden Doppelhaushalt 2021/2022 an. Aufgrund der Pandemie hatte der Freistaat weniger Einnahmen als in den vergangenen Jahren, wodurch die Verteilung der Mittel ein harter Kampf zwischen den verschiedenen Ressorts werden wird. Wir haben gemeinsam mit der GEW Sachsen einen Forderungskatalog erstellt, in dem deutlich wird dass die Finanzierung der Hochschulen und Studierendenwerke essenziell für die Sicherung des Bildungsstandorts Sachsen ist:
Gemeinsame Forderungen von GEW Sachsen und KSS für einen Doppelhaushalt 2021/22 unter Einfluss der Corona-Pandemie
2020 hat Corona die wirtschaftliche Lage des Freistaates stark beeinflusst und so auch nach den letzten Steuerschätzungen im September ein Loch in den sächsischen Haushalt gebrannt.
Die Konferenz Sächsischer Studierendenschaften (KSS) und die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Sachsen sind sich einig, dass das nicht zu einer Kürzung bei der Bildung und speziell bei Hochschulen, Berufsakademie und Studierendenwerken führen darf. Deswegen fordern wir zunächst und übergreifend die Abschaffung der Schuldenbremse nach Artikel 95 der Sächsischen Verfassung, insbesondere die Streichung der Verpflichtung, Kredite spätestens innerhalb von acht Jahren zu tilgen. Daran anschließend müssen trotz oder gerade wegen der Krise dringend benötigte Investitionen getätigt werden. Für den Hochschulbereich sprechen wir uns für folgende Maßnahmen im Doppelhaushalt aus:
- Wie im Koalitionsvertrag vereinbart muss das Grundbudget der Hochschulen ab 2021 spürbar erhöht und dynamisiert werden. Schon vor der Corona–Pandemie konnten die Hochschulen nicht alle notwendigen Aufgaben erfüllen. Mit der Pandemie ergaben sich erhebliche Mehrausgaben z.B. im Bereich der digitalen Lehre oder des Infektionsschutzes, die jedoch seitens des Landes zu gerade einmal 10% ausgeglichen wurden. Diese Mehrausgaben müssen nicht nur ausgeglichen und die entsprechenden Mittel langfristig zur Verfügung gestellt werden, sondern die Hochschulen brauchen darüber hinaus mehr finanzielle Spielräume, um Daueraufgaben und Forderungen des Landes umzusetzen.
- Der Investitionsstau muss abgebaut werden. Alle sächsischen Hochschulstandorte sind mit maroden Lehr- und Forschungsgebäuden konfrontiert. Putz, der von der Decke fällt, oder nicht trinkbares Leitungswasser sind keine Seltenheit und stellen alles andere als gute Bedingungen für Studierende zu lernen und Lehrende zu lehren dar. Gerade in Zeiten der Krise braucht es Investitionen, um die Wirtschaft anzukurbeln und deswegen wäre jetzt der richtige Zeitpunkt zu beginnen den massiven Investitionsstau abzubauen.
- Ein weiteres Versprechen im Rahmen des Zukunftsvertrags „Studium und Lehre stärken“ muss eingelöst werden. Wir fordern die haushaltsrechtliche Absicherung der 800 Dauerstellen sowie weiterer Mittel z.B. für Qualitätssicherung, Gleichstellung oder Digitalisierung, einschließlich einer angepassten Hochschulentwicklungsplanung, die den Erhalt des derzeitigen Niveaus der Studierendenzahl und eine Erhöhung der Zahl unbefristeter Beschäftigungsverhältnisse vorsieht. Den Zielen des Zukunftsvertrages muss Rechnung getragen und dementsprechend versprochene Maßnahmen nun auch mit dem Doppelhaushalt kofinanziert werden.
- Es ist eine Erhöhung des Anteils der hauptamtlichen Dozentinnen und Dozenten an der Berufsakademie erforderlich.
- Außerdem müssen die Mittel für eine angemessene Vergütung der Lehrbeauftragten bereitgestellt werden; wie im Koalitionsvertrag angekündigt sind gemeinsam mit den Hochschulen Honorarrichtlinien und Mindeststandards zu vereinbaren.
- Die Finanzierung der Studierendenwerke muss weiter aufgestockt werden. Gerade in der Krise hat sich gezeigt, wie essenziell die Studierendenwerke sind. Ohne sie und ihre Notfallfonds hätten sich viel mehr Studierende nicht mehr aus ihren finanziellen Notlagen befreien können und dadurch ihr Studium abbrechen müssen. Auch geringe Mieten oder günstiges Essen tragen zu einer stabilen Finanzierung der Studierenden in wechselhaften Zeiten bei. Außerdem muss verhindert werden, dass die im Sommersemester 2020 bereits verlorenen Einnahmen bzw. noch kommenden Einnahmensverluste in der Zukunft auf die Studierenden umgelegt werden müssen. Die Studierendenwerke müssen weiter für die finanzielle und soziale Absicherung der Studierenden Sorge tragen können. Insbesondere ist es nicht akzeptabel, dass Studierendenwerke Infrastrukturkosten für die Immobilien der Mensen, welche zu großen Teilen dem Land selbst gehören, vorhalten müssen. Hierfür muss der Freistaat selbst aufkommen und Geld bereitstellen und es sollte nicht zu Lasten der Studierenden aus Töpfen der Studierendenwerke verausgabt werden müssen. Es muss Geld zur Verfügung gestellt werden, um Möglichkeiten zu geben soziale Angebote, wie z.B. die psychosoziale Beratung, ausbauen zu können. Da die Pandemie noch nicht vorbei ist und Hochschullehre auch im Wintersemester 2020/21 zu großen Teilen digital stattfindet, besteht die Gefahr, dass Studierende zunehmend vereinsamen oder großen psychischen Druck verspüren. Psychische Krankheiten und Probleme werden zunehmen und die Studierendenwerke brauchen genug Kapazitäten, um zeitnah beraten und unterstützen zu können.
- Es muss mehr Geld für die Digitalisierung der Hochschulen geben. Die Krise hat sich bereits jetzt als ein Motor für die Digitalisierung vor allem der Lehre, aber auch der Verwaltung und Forschung herausgestellt. Er darf nicht wieder abgewürgt und die Digitalisierung muss weiter vorangetrieben werden. Die Hochschulen sind in Vorleistung gegangen und haben zu Beginn der Krise 7,5-8 Mio. Euro investiert. Auf diesen Kosten sind sie zum aller größten Teil sitzen geblieben. Deswegen braucht es im nächsten Doppelhaushalt nicht nur einen Ausgleich für dieses Geld, sondern eine stetige Weiterfinanzierung, um diesen Schwung zu nutzen und die Krise als Chance zu begreifen.
- Die Sondermittel Inklusion des Freistaates müssen erhöht werden. Zum Beispiel auch in Zusammenhang mit digitaler Lehre spielt Inklusion eine große Rolle. Digitale Lehre kann eine große Chance für Inklusion sein, aber nur, wenn auch darauf geachtet wird, sie inklusiv einzusetzen. Das braucht genügend Kapazitäten, die über den Doppelhaushalt bereitgestellt werden müssen. Doch nicht nur in der digitalen Lehre muss Inklusion von Anfang an mitgedacht werden. Beispielsweise durch vom Freistaat finanzierte Awareness-Workshops kann dieses Thema überall an den Fakultäten mehr zur Selbstverständlichkeit statt zu zusätzlichem Aufwand werden.
Darüber hinaus hat Corona einige politische Prozesse verzögert, die dringend notwendig sind. Zum Beispiel wurde die geplante Novellierung des Sächsischen Hochschulfreiheitsgesetzes (SächsHSFG), die im Koalitionsvertrag für 2020 zugesagt war, weiter nach hinten verschoben. Deswegen fordern wir einen Haushaltsbegleitbeschluss, der die im Koalitionsvertrag vereinbarten und damit unstrittigen Punkte für die Novellierung umsetzt:
- Wiederherstellung der verfassten Studierendenschaft,
- Umsetzung des 2-Säulen-Modells zur Finanzierung der Hochschulen,
- Aufhebung des Befristungszwangs bei Drittmittelbeschäftigung,
- Einführung eines Promovierendenrats, Verpflichtung zum Führen einer Doktorand*innenliste und Promovierendenvereinbarungen.