Feminismus

Geschlechterinklusivität

Seit 2018 sind Menschen außerhalb des binären Systems vom deutschen Gesetz rechtlich anerkannt, deshalb sind eine Versprachlichung der geschlechtlichen Vielfalt und auch nicht-binäre Auswahlmöglichkeiten bezüglich Anrede und Geschlecht in sämtlicher EDV erforderlich (siehe auch Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 14.04.2022, Az. 9 U 84/21). Eine Unterlassung dessen wirkt diskriminierend und unserer Auffassung nach auch entgegen geltende (Persönlichkeits-)rechte Einzelner.
Insbesondere nachdem das sächsische Staatsministerium für Kultus den Schulen empfohlen hat, keine Sonderzeichen zum Gendern zu verwenden, möchten wir als Landesstudierendenvertretung reagieren. Bisher war es uns eine Selbstverständlichkeit, dass alle Menschen unabhängig ihrer geschlechtlichen Identität oder sexuellen Orientierung gleich behandelt, und damit auch in der Sprache gleich repräsentiert werden. Das Schreiben des Staatsministerium für Kultus zeigt jedoch leider auf, dass dies noch lang nicht bei allen Menschen angekommen ist. Wir möchten die Position der Sächsischen Studierenden daher mit diesem Grundsatzbeschluss klarstellen und insbesondere auf die Verbesserungsbedarfe in den drei Bereichen der Sichtbarkeit und Gleichbehandlung in Schrift und Sprache, in der Selbstbestimmung von Namen und Geschlecht sowie in der Verfügbarkeit entsprechender Sanitäreinrichtungen aufmerksam machen.

Da die deutsche Sprache nicht für alle Wörter eine neutrale Form bietet (z.B. Professoren/Professorinnen), und das generische Maskulinum vorwiegend mit Männern assoziiert wird, hat sich das Nutzen von Sonderzeichen zur Umsetzung der Geschlechtervielfalt in den vergangenen Jahren weit verbreitet und ist bereits an Sächsischen Hochschulen wie z.B. der HSZGUni Leipzig und TU-Dresden und auch über diese hinaus etabliert. Im allgemeinen Sprachgebrauch ist hierbei von „Gendern“ durch Sonderzeichen die Rede. Andere Möglichkeiten, die geschlechtliche Vielfalt in der Sprache zu verdeutlichen, existieren kaum bis gar nicht. Jegliches Verbot und jede Empfehlung entgegen der Nutzung von Sonderzeichen zum Gendern schadet damit der Sichtbarkeit aller Menschen und wirkt eindeutig diskriminierend.
Auch wird die Würde der Menschen aufs Spiel gesetzt, welche sich nur von mit Sonderzeichen gegenderter Sprache angesprochen fühlen, insbesondere Menschen, welche Neopronomen mit Sonderzeichen wie z.B. sie*er, si_er, er_sie,… benutzen.
Selbst wenn ein Gendern mit Sonderzeichen nicht der Entscheidung des Rats für deutsche Sprache vom 26.03.2021 entspricht, darf dies nicht die Erfüllung des Artikel 1 GG blockieren. Wir schließen uns als Landesstudierendenvertretung in Sachsen damit ganz klar den Empfehlungen der Koordinierungsstelle Chancengleichheit Sachsen an, welche in Zusammenarbeit mit der Sächsischen Staatsregierung Empfehlungen für mehr Vielfalt an Sächsischen Hochschulen erarbeitet haben und ebenso klar stellen, wie durch das Nutzen von Sonderzeichen auch die Geschlechter über männlich und weiblich hinaus in der Sprache berücksichtigt werden können.

Ebenso ist es unabdingbar, Diskriminierungen von INTA* Personen auch in weiteren Ebenen zu vermeiden, die bisher auf binär gedachte Geschlechtlichkeiten ausgelegt waren:
Die EDV-Systeme der Hochschulen müssen angepasst werden, wenn diese noch binär operieren. Ein Weiterbetreiben der EDV-Systeme ohne Anpassung für die Möglichkeit zur Angabe nichtbinärer Geschlechtsidentitäten kann z.B. bei automatisierten Anschreiben zur Nutzung falscher, auf Binärität beschränkte Anreden und damit zur Diskriminierung führen.
Da eine baldige Ersetzung des Transsexuellen-Gesetzes durch ein Selbstbestimmungsgesetz, wie im Koalitionsvertrag der Regierung, absehbar ist, sollte es für die Nutzenden der universitären EDV-Systeme möglich sein, ihren Namens- und Geschlechtseintrag, sowie ihre Anrede per Selbstauskunft zu ändern. An der Hochschule Zittau/Görlitz ist diese Möglichkeit bereits unkompliziert per formlosen Mail an die entsprechenden Stellen gegeben.
Das von der Konferenz Sächsischer Studierendenschaften geforderte Mindestmaß ist die Namens- und Geschlechtseintragsänderung nach dem Einreichen eines DGTI-Ergänzungsausweises.
Die Notwendigkeit des Geschlechtseintrags in der EDV sollte überdacht werden, da er keinen wirklichen Nutzen über automatisierte Anreden hinaus hat, und „Hallo/Guten Tag [Vorname Nachname]“ gute automatisierte Alternativen zur Ansprache aller sind. Auf Ausweisdokumenten wie dem deutschen Personalausweis ist der Geschlechtseintrag ebenso nicht vermerkt.

Auch die Binärität des großteils der universitären Toiletten, Duschen und Umkleiden führt für INTA* Personen häufig zu ungewollten Outings, Diskriminierung wie z.B. Misgendering und im Extremfall auch zu Gewalt. Hier müssen geschlechtsneutrale Varianten angeboten werden, um Diskriminierung zu vermeiden. Ein gutes Konzept dazu wurde bereits vom StuRa der TU Dresden beschlossen.

Als Landesstudierendenvertretung möchten wir uns daher sehr klar für die Sichtbarkeit und Wahrung der Persönlichkeitsrechte aller Schüler*innen, Student*innen, Arbeiter*innen, Akademiker*innen und Co. aussprechen!

Beschlusstext

Der LSR möge beschließen, dass sich die Konferenz Sächsischer Studierendenschaften (KSS) im Hinblick auf die Geschlechterdiversität aller Menschen folgendermaßen positioniert:

  • Geschlechtergerechte Sprache: Die Konferenz Sächsischer Studierendenschaften spricht sich klar für die Sichtbarkeit aller Menschen in Schrift und Sprache aus – unabhängig des Geschlechtes. Damit befürwortet die KSS konkret die Anwendung gendergerechter Schreibweisen, die auch die Nutzung von Sonderzeichen nicht ausschließen darf.
  • Individuelle Selbstbestimmung von Name und Geschlecht: Die Konferenz Sächsischer Studierendenschaften spricht sich klar für die individuelle Selbstbestimmung von Namen und Geschlecht aus. Insbesondere sollten Studierende die Möglichkeit haben, diese Stammdaten auch in den Hochschuldatenbanken entsprechend selbst zu wählen. Der DGTI-Ergänzungsausweis sollte hierbei entsprechend stets anerkannt werden. Individuelle Selbstbestimmung von Name und Geschlecht“: Auf entsprechende gesamtgesellschaftliche Lösungen zur Anerkennung des selbstbestimmten Namen und Geschlechtes soll hingewirkt und Druck auf den Freistaat Sachsen entsprechend ausgeübt werden.
  • Geschlechtsneutrale Sanitäreinrichtungen: Die Konferenz Sächsischer Studierendenschaften spricht sich klar für das Einrichten geschlechtsneutraler Toiletten, Duschen und Umkleidekabinen an den sächsischen Hochschulen aus.

Begriffsklärungen

INTA* = inter, nicht-binär, trans, agender

I = Intergeschlechtlich: Der Begriff bezieht sich auf Menschen, deren körperliche Geschlechtsmerkmale (Genitalien, Hormone, Keimdrüsen, Chromosomen) nicht klar dem weiblich oder dem männlichen Geschlecht zuzuordnen sind.

N = Nichtbinär: Unter diesem Begriff sind Geschlechtsidentitäten, die sich in dem Bereich zwischen männlich und weiblich einordnen, zusammengefasst.

T = Trans: Trans Menschen sind, im Gegensatz zu cis Menschen, nicht dem Geschlecht zugehörig, das ihnen bei ihrer Geburt zugeschrieben wurde. Damit können unter den Begriff „trans“ Personen fallen, die weiblich, männlich oder nicht-binär sind.

A = Agender: Agender bezeichnet Menschen, die sich überhaupt keinem Geschlecht zuordnen, also auch nicht einem Geschlecht zwischen männlich und weiblich.