In Sachen studentischer Beteiligung geht die Uni Leipzig lieber rückläufige Schritte und begeht damit einen klaren Dammbruch
Anstelle auf die in den letzten Wochen in Sachsen immer lauter werdenden studentischen Rufe nach mehr Beteiligung und Mitbestimmung zu reagieren, wird diese an der Universität Leipzig noch weiter eingeschränkt. In der Sitzung des Akademischen Senats am gestrigen Dienstag (18.10.2022) hat die neu gewählte Rektorin Prof. Obergfell einen Kurswechsel vollzogen. Die studentischen Vertreter*innen dürfen nunmehr keine eigenen Fragen mehr ans Rektorat richten, ohne dass die Professor*innen dies genehmigen. Im Senat findet somit eine Abgrenzung zu anderen gewählten Organen statt – im Landtag haben bspw. alle einzelnen Abgeordneten ein Fragerecht. Die Konferenz Sächsischer Studierendenschaften (KSS) ruft die Koalition aus CDU, SPD und Bündnis 90 / Die Grünen dringend zu einer schnellen gesetzlichen Anpassung auf.
Dazu erklärt Paul Steinbrecher, Referent für Hochschulpolitik des Student*innenRates und Mitglied des Senates der Universität Leipzig: „Wir waren erschrocken, als in der Sitzung des höchsten universitären Gremiums, dem akademischen Senat, unsere Anfragen an das Rektorat nicht wie üblich beantwortet wurden. Stattdessen ließ Rektorin Prof. Obergfell das gesamte Gremium darüber abstimmen, ob überhaupt eine Beantwortung unserer Fragen stattfinden soll. Wir hatten das Rektorat zu den geplanten Entlastungen für die Studierenden aufgrund der Energiekrise, den Möglichkeiten zur Verbesserung der Lehre und dem Stand der Umsetzung auf dem Weg zu einer klimagerechten Hochschule angefragt.“
Steinbrecher sieht dies klar als weitere Einschränkung der Mitwirkungsmöglichkeiten Studierender an: „Ab sofort müssen unsere studentischen Fragen wohl auch der Mehrheit des Gremiums gefallen, damit wir auch Antworten erhalten. Da die Professor*innen in diesem und den meisten anderen Gremien mehr als die Hälfte der Stimmen besitzen, ist uns nicht mehr möglich uns unabhängig von ihnen zu beteiligen. Wir fragen uns nun wie sinnvoll es ist, bei dieser Scheinbeteiligung noch mitzumachen, wenn diese jetzt immer vom Gutdünken der Profs abhängt?“
Felix Fink, Referent für Hochschulpolitik der KSS, ordnet das Geschehen landespolitisch ein: „Es ist erschreckend, dass die Universität Leipzig erneut einen Dammbruch begeht. Sie ist doch bereits eine der Vorreiterinnen bei schlechten Anstellungsbedingungen unserer Dozent*innen. Nun grenzt sie sich von den übrigen sächsischen Hochschulen auch noch durch ein miserables Demokratieverständnis ab, indem sie eine langjährige Praxis, die Fragen der Studierenden zu beantworten, einfach so beendet. Das mangelnde Verständnis für die Grundfeste der demokratischen Mitbestimmung zeigt uns erneut, dass der Gesetzgeber nicht auf ein verantwortungsvolles Handeln der Rektorate vertrauen kann.“
Studierenden ein deutliches Anliegen: „Ähnliche Formen von mangelnder Transparenz deuten sich auch an anderen sächsischen Hochschulen an. Daraus folgt immer dringender die Notwendigkeit, den Hochschulen sehr enge Vorgaben bei demokratischen Prozessen zu machen. Es muss nun gesetzlich festgeschrieben werden, dass jedes Senatsmitglied einzeln Fragen an das Rektorat richten kann, welche dieses zu beantworten hat“, schlussfolgert Sabine Giese, Sprecherin der KSS.
Die KSS hat zur gerade anstehenden Novelle des Hochschulgesetzes bereits umfangreich Stellung genommen. Eine mögliche Lösung der nun akut gewordenen Problematik befindet sich bereits in ihrem Forderungskatalog.
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